JVA-Gesprächsgruppe
mit arabischsprachigen Gefangenen
Die Justizvollzugsanstalt in Köln-Ossendorf ist mit knapp 1200 Plätzen das größte Gefängnis in Nordrhein-Westfalen.
Gemessen an der Gesamtbevölkerung sind Menschen ohne deutschen Pass mit
einer Quote von etwa 40 Prozent in den Haftanstalten erheblich überrepräsentiert.
Vor dem Hintergrund der Flüchtlingsentwicklung hat sich die Zahl der Menschen ohne deutschen Pass, besonders in der Untersuchungshaft, nochmals deutlich erhöht. Dabei ist klar: Der hohe Anteil der Menschen ohne deutschen Pass in unseren Gefängnissen ist kein Ergebnis ihrer Charaktereigenschaften, sondern ein Resultat ihrer strukturellen Benachteiligung.
Drastisch gestiegen ist in den vergangenen Jahren die Zahl der
Inhaftierten aus den Maghrebstaaten, die mit der Gesprächsgruppe schwerpunktmäßig erreicht werden sollen. Diese haben in ihren Heimatländern vielfach keinen stabilen familiären Rahmen
erlebt und sind überwiegend bildungsfern sozialisiert. Viele sind mehr oder weniger auf der Straße aufgewachsen und verlassen in jungen Jahren alleine ihre Heimat und schlagen sich oft mehrere Jahre in Spanien, Frankreich
oder Belgien durch, ehe sie nach Deutschland driften. Viele sind durch das Leben auf der Straße
geprägt, haben z.T. in anderen europäischen Ländern Hafterfahrungen gesammelt und konsumieren
regelmäßig Drogen. Die Gesprächsgruppe soll einerseits eine Reflexions- und Freizeitmöglichkeit darstellen. Es soll aber auch erörtert werden, inwiefern eine Zukunft in Deutschland sinnvoll und möglich erscheint.
Der Kölner Appell im Knast
Seit 1993 führt der Kölner Appell in der JVA Köln-Ossendorf Gesprächsgruppen durch. Über viele Jahre lag der Schwerpunkt auf der Begleitung von männlichen Jugendlichen und Heranwachsenden. Nach der Fertigstellung der Jugendstrafvollzugsanstalt in Wuppertal-Ronsdorf wurde 2013 die Ossendorfer Untersuchungshaft-abteilung für Jugendliche geschlossen. Seitdem haben wir zunächst Gruppen im Frauenhaus angeboten und seit Sommer 2017 findet eine wöchentliche Gruppe für arabischsprachige Gefangene statt.
Mitte der 2000er konzipierte der Kölner Appell die Wanderausstellung „Menschen statt Mauern – Für ein Europa ohne Jugendgefängnisse“, die von 2007-2010 an den unterschiedlichsten Orten in NRW aufgebaut worden ist. Im Zentrum der Ausstellung stand ein originalgetreuer begehbarer Nachbau einer Gefängniszelle, wie sie in der JVA Köln-Ossendorf standardmäßig verbaut worden ist. Mit Informationstafeln wurde über die Hintergründe von Jugenddelinquenz und über Alternativen zum Strafvollzug aufgeklärt.
Als Ergebnis einer Erzählwerkstatt in der JVA Ossendorf erschien 2008 ergänzend zur Ausstellung das Buch „Pop Shop - Gespräche mit Jugendlichen in Haft“, das in der Fachwelt als seltener Beitrag über die Lebenswirklichkeiten inhaftierter Jugendlicher gewürdigt worden ist.